Ziel des Interviews ist es zu erfahren:
- Was sind die Beweggründe für die beabsichtigte Reise nach Deutschland ?
- Wer oder was ist die Person, die nach Deutschland zu reisen beabsichtigt ?
- Wer ist die Person, die von Deutschland aus eingeladen hat ?
- Sind potentielle Risiken vorhanden ?
- Wie hoch ist die Rückkehrbereitschaft ?
Auch wenn manchmal das Gegenteil behauptet wird, aber unsere Behörden sind nicht dumm. Vor allem nicht in den Botschaften. Die riechen dort ganz schnell ob ein Braten stinkt – und reagieren entsprechend. Deshalb gibt es für das Interview eine ganz einfache Regel, die immer zum Erfolg führt aber selten geglaubt wird:
Immer bei der Wahrheit bleiben !
Pro Antrag stehen durchschnittlich nur zwei bis maximal drei Minuten zur Entscheidungsfindung zur Verfügung. Diese zwei Minuten entscheiden darüber, ob einem Antrag ohne weiteres Interview zugestimmt wird, ob Zweifel vorhanden sind die ein Interview erfordern, oder ob ein Antrag abgelehnt wird. Das Interview wird in den allermeisten Fällen von ortsansässigen Schalterkräften geführt, da die Botschaften niemals genügend deutsche Konsularangestellte mit den erforderlichen Sprachkenntnissen einstellen könnten. Allerdings wird die endgültige Entscheidung über die Gewährung eines Visums ausschließlich von einem deutschen Konsularbeamten getroffen wird.
Welche Gründe können z.B. zu einer Ablehnung führen:
Wenn der Antragsteller nicht klar darlegen kann, in welchem Verhältnis er zur einladenden Person steht, wie er seine Reisekosten deckt, wie sich ungewöhnlich lange Urlaubszeiten mit seiner Erwerbstätigkeit oder Ausbildung vereinbaren lassen, all dann wird die Botschaft mögliche Verstöße gegen das Aufenthaltsrecht nicht ausschließen können und das Visum verweigern.
Beispiel Aufenthaltsdauer:
Wenn eine berufstätige Frau für zwei Monate nach hier möchte wirkt das merkwürdig. Kein Arbeitgeber gibt jemanden zwei Monate Urlaub. Hier nicht, und in Russland erst recht nicht. Bei einer arbeitslosen Frau und zwei Monaten beabsichtigten Aufenthalt wird grundsätzlich zunächst einmal Schwarzarbeit vermutet.
Viele Dinge sind miteinander verflochten und können je nach Situation und Ausgangslage positiv oder negativ sein. Deshalb nochmal: Es gibt für das Interview nur ein Pauschalrezept: Nichts anderes als die Wahrheit zu erzählen. Vor allem: Bei weiteren Interviews werden oftmals die gleichen Fragen gestellt. Zu oft verstricken sich die Frauen dabei in Widersprüche. Es gibt kein Märchen, das nicht schon Hunderte Male in den Botschaften erzählt wurde.
Kommt es zu einem umfangreichen Interview, ist mit folgenden Fragen zu rechnen:
- Warum möchten Sie nach Deutschland ?
- Wen möchten Sie in Deutschland besuchen ?
- Wer ist die Person, die Sie in Deutschland besuchen wollen ?
- Handelt es sich dabei um einen ehemaligen Bürger der FSU ?
- Woher kennen Sie sich ?
- Wo und wie haben Sie sich kennen gelernt ?
- Seit wann kennen Sie sich ?
- Wie sind ihre regelmäßigen Kontakte ?
- Auf welcher Basis finden diese Kontakte statt ?
- Was macht die Person, die Sie besuchen wollen, beruflich ?
- Wie alt ist die Person, die Sie besuchen wollen ?
- Wie stehen Sie zu dieser Person ?
- In welcher Sprache kommunizieren Sie miteinander ?
- Spricht die zu besuchende Person Russisch ?
- Wie gut sind die aktuellen Deutschkenntnisse ?
- Wo wurden diese Deutschkenntnisse (falls vorhanden) erworben ?
- Wofür werden die Deutschkenntnisse (falls vorhanden) benötigt ?
- Welche anderen Fremdsprachenkenntnisse haben Sie ?
- Haben Sie ein Verhältnis mit dieser Person ?
- Wie sehen Sie die Zukunft zu dieser Person ?
- Möchten Sie diese Person heiraten ? Falls ja: wann und wo ?
- Hat diese Person Sie schon einmal in Russland besucht ?
- Wo und wie oft hat diese Person Sie schon in Russland besucht ?
- Kennt diese Person ihre Familie ?
- Was beabsichtigen Sie in Deutschland zu unternehmen ?
- Wo werden Sie in Deutschland wohnen ?
- Wie beabsichtigen Sie Ihren Unterhalt in Deutschland zu bestreiten ?
- Wie bezahlen Sie die Reise ?
- Welcher Berufsweg ist später beabsichtigt ?
- Wie ist Ihre aktuelle berufliche Situation ?
- Wie hoch sind Ihre monatlichen Einkünfte ?
- Wie ist Ihre familiäre Situation ?
- Haben Sie Kinder ?
- Wo und wie sind Ihre Kinder während Ihrer Abwesenheit unter gebracht ?
- Wo wohnen Sie ?
- Wie wohnen Sie ?
- Leben Sie mit anderen Personen zusammen ? Falls ja: welche ?
- Waren Sie schon einmal in Deutschland ? Falls ja: wann und wo ?
- Wen haben Sie bei einem früheren Besuch in Deutschland besucht ?
- Waren Sie schon einmal in einem anderen Schengenstaat ? Wann und wo ?
So oder ähnlich sind ungefähr die Fragen, mit denen bei einem längeren Interview gerechnet werden muss. Wobei der Begriff „längeres Interview“ relativ ist: Für all diese Fragen benötigt ein Profi nicht mehr als maximal 15 Minuten.
Vielleicht ist aufgefallen, dass die Fragen springen, in ihrer Folge nicht thematisch aufgebaut sind. Das hat Sinn und damit ist auch bei dem Interview in der Botschaft zu rechnen. Durch schnellen Wechsel der Fragestellungen verheddert man sich viel schneller in eventuelle Widersprüche bei den Antworten.
Es müssen auch nicht all diese Fragen sein. Je nach den Umständen beziehen sich die Fragen auch nur auf einen ganz speziellen Themenkomplex, der einer besonderen Klärung bedarf. Das kann zum Beispiel sein wenn die Frau einer selbständigen Tätigkeit nachgeht, z.B. ein eigens Geschäft hat. Dann möchte man natürlich mehr über diese Tätigkeit wissen.
Anhand der gestellten Fragen kann man aber auch erkennen, das eine eventuelle Ablehnung ihren Grund nicht unbedingt in der Person der Frau hat, sondern in der Person des einladenden Mannes ! Dieser Punkt wird bei all den Diskussionen über das Interview bzw. über Visum-Ablehnungen viel zu wenig beachtet.
Gruß, Ralf