Olga & Peter:
"Der alte Esel und die junge Zicke"
Ich wohne zwar eine ganze Ecke entfernt von Bonn, in der Nähe von München, aber das hat mich keine Sekunde daran gehindert Olga sehen zu wollen.
Wir trafen uns beim ersten Mal am Bahnhof in Bonn, weil der für uns beide am einfachsten zu erreichen war. Nicht unbedingt der optimale Ort für ein Date, aber ein neutraler Treffpunkt so dass wir uns vollkommen aufeinander konzentrieren konnten.
Und als ich dann am Treffpunkt war, stand sie auf einmal vor mir. So süß wie ich sie von den Fotos in Erinnerung hatte
Wir gingen Arm in Arm Kaffee trinken, schlenderten durch die Geschäfte und gingen shoppen. Ganz so wie ein Pärchen, das sich schon lange kennt. Keiner der uns gesehen hätte, hätte wohl gedacht, dass wir uns gerade das erste Mal sehen. Irgendwie war sofort eine große Vertrautheit zwischen uns. An diesem Tag hatten wir sehr viel Gelegenheit uns zu unterhalten und mehr von einander zu erfahren.
Schnell merkten wir, dass wir ähnlich dachten und viele Interessen teilten trotz des großen Altersunterschiedes von 15 Jahren.
Bei der Trennung am Abend waren wir beide traurig und saßen noch eine Stunde im Auto, weil wir uns nicht trennen wollten. Aber es half alles nichts, wir trennten uns, nicht ohne zu vereinbaren uns wieder zu sehen.
Ich hatte nun eine mehrstündige Autofahrt vor mir und viel Zeit zum nachdenken.
Schnell wurde mir eines klar – ich war verliebt. In eine Frau, die ich nur einmal gesehen habe und ansonsten nur von Telefon und E-Mail kannte. Aber mein Herz lies keine Zweifel aufkommen!
Es folgten einige Treffen, bei denen immer Olga die beschwerliche Reise auf sich nahm.
Für uns beide die beste Lösung, hatte ich doch hier meine eigene Wohnung und auch musste Olga ja auch herausfinden, ob sie sich hier wohl fühlen könnte.
Wir verbrachten ein paar schöne Wochenenden und aus anfänglicher Freundschaft wurde schnell Liebe.
Mit etwas Glück konnten wir es arrangieren, dass Olga Ihre Au-Pair-Stelle im Mai 2005 wechseln konnte und hier bei meinen Vermietern (mit denen ich befreundet bin *grins*) und ihren 3 Kindern zukünftig Au-Pair-Mädchen war.
Das brachte natürlich den ungeheuren Vorteil mit sich, dass Olga mehrere Monate bei mir wohnen konnte und wir uns richtig kennen lernen konnten. Eine Chance, die wohl wenige Paare bei Interfriendship je haben werden – eben eine glückliche Fügung.
In diesen Monaten erfuhren wir viel über uns, wobei ich immer wieder schmunzelnd zurückblicke. Die „bayrische Lebensart" war für Olga bestimmt nicht leicht, aber sie hat sich tapfer geschlagen. Olgas perfektes Deutsch, zudem sich nach einiger Zeit auch ein wenig Bayrisch hinzufügte *grins*, war dafür bestimmt hilfreich. Noch heute bewundere ich ihre Kraft und ihren Ehrgeiz, mit dem sie alles schafft, was sie macht.
Nach anfänglichen Missverständnissen, in denen ich sie öfters unbewusst gekränkt hatte und nachdem ich auch Sie besser verstand, hatten wir zusammen eine wunderschöne Zeit.
Wir gingen essen, ins Kino, in Discos auf Partys, besuchten Sehenswürdigkeiten usw. Es stellte sich heraus dass wir beide keine Stubenhocker waren, sondern dass wir beide eine aktive Freizeitgestaltung bevorzugten.
Der „alte Esel" und die „junge Zicke" (wie wir uns liebevoll nennen zu gegebenen Anlass) haben sich jedenfalls ineinander verliebt.
Einer der Höhepunkte unserer „Kennenlern-Monate" war sicherlich eine Übernachtung im Fernsteinschloss http://www.schloss-fernsteinsee.at. Die Bilder auf deren Homepage sagen alles. Romantik pur…
Wir haben auch dort viel über unsere Zukunft geredet und in uns beiden reifte der Wunsch unser weiteres Leben gemeinsam zu verbringen. Wir beschlossen zu heiraten.
Olga hatte den Wunsch in Ihrer Heimat zu heiraten. Nachdem wir verschiedene Möglichkeiten durchgesprochen hatten, stimmte ich Ihrem Wunsch zu.
Nicht zuletzt deswegen, weil mir klar war, wie viel Olga für diese Hochzeit aufgeben und leisten musste und wie gering doch im Vergleich dazu mein Anteil war.
Außerdem hatte ich so die Gelegenheit Ihre Familie und Freunde kennen zu lernen.
Im Dezember 2005 war es dann soweit ich machte mich auf den Weg nach Weißrussland.
In Minsk holte mich Olga, die schon früher nach Weißrussland gereist war um alles vorzubereiten, am Flughafen ab.
Wir reisten dann gemeinsam nach Witebsk, wo wir dann später auch heirateten.
Ich hatte nach der Anmeldung nun 17 Tage (Frist bis man dort heiraten kann) Zeit, mir von Olga ihre Heimat, Ihre Familie und ihre Freunde zeigen zu lassen.
Um es kurz zu machen, es war eine sehr schöne Zeit. Olga zeigte mir viel von den Lebensgewohnheiten der Leute in der Stadt und auf dem Lande, ich durfte die sprichwörtliche Gastfreundschaft dort kennen lernen und ich sah, wie die Leute ihr tägliches Leben bestritten.
Ein paar von Olga´s Freunden sind auch zu meinen Freunden geworden, ich denke gerne zurück an diese Zeit. Und eines weiß ich heute schon, ich werde nicht zum letzten Mal dort gewesen sein.
Aus mehreren Gründen hatten Olga und ich beschlossen die Hochzeit nur im kleinen Kreis zu feiern. Olga erzählte mir einiges über die Bräuche in Ihrer Heimat und ich war gespannt auf unseren großen Tag.
Am Tag vor der Hochzeit erhielt ich den „Befehl" mich ins Hotel zu begeben. Der Brauch sagt, dass der Bräutigam am Tag vor der Hochzeit nicht bei der Braut schlafen darf. Am nächsten Morgen wurde ich von meinem Trauzeugen im Hotel abgeholt und wir gingen zurück zur Wohnung. Dort musste, so will es der Brauch, der Trauzeuge der Brautmutter die Braut „abkaufen". Dann erst durfte ich die Braut sehen. Man braucht sich nur das Bild ansehen – was ich zu sehen bekam war einfach zauberhaft. Zu meinem Glück durfte ich die Braut jetzt küssen und umarmen. Nach einem kleinen Imbiss, so der Brauch, mit Sekt, Wodka und einer Kleinigkeit zum essen, ein wenig Salz in der Hosentasche und einem Gang um den Frühstückstisch (3x Links und 3x rechts) ging es dann auf zum Standesamt.
Dort folgte dann die festliche Hochzeitszeremonie mit den Gästen und ein anschließender Besuch im Photostudio.
Weiter ging es mit dem Auto zum Puschkin-Denkmal. Dort wird, so will es der Brauch, eine Flasche Sekt getrunken und die Braut legt einen Strauß Blumen am Denkmal nieder.
Nachdem wir nun langsam alle hungrig wurden, machten wir uns dann langsam auf zum Mittagessen. Die Mutter der Braut erwartete uns schon vor dem Eingang des Restaurants. Aber nicht einfach so, nein – mit einem Brot, das speziell für die Hochzeit gemacht wurde und Weizenkörnern. Der Brauch sagt, wer das größere Stück vom Brot abbeißt, hat künftig das Sagen im Haus. Der Weizen wurde nun über uns gestreut und dann ging es gemeinsam ans Brot, abbeißen. Ich biss zwar das größere Stück ab, ob sich der Brauch dadurch für mich erfüllen wird, wage ich zu bezweifeln *grins*.
Nun bekamen wir ein Glas Wodka in die Hand, tranken es halb aus und ließen die Gläser in hohem Bogen und dem bekannten „na sdarovje" über unsere Schultern fliegen, damit sie am Boden in lauter kleine Scherben zersprangen – wie es der Brauch fordert.
Dann durften wir eintreten und an der festlich gedeckten Festtafel Platz nehmen. Es folgte das Mittagessen, unterbrochen von den Glückwünschen der einzelnen Hochzeitsgäste, der Braut den Schuh stehlen (leider erfolgreich) und dem (zum Glück erfolglosen) Brautstehlen. Ich hab aufgepasst *grins*. Diese fantastische Frau lasse ich mir nicht mehr stehlen. Ich möchte mit ihr glücklich werden, solange ich lebe.
Es wurde dann langsam Zeit für die Hochzeitstorte. 2-stöckig wie es der Brauch will. Das obere Stück für das Ehepaar.
Wer nun sein Stück schneller isst, so sagt der Brauch, hat zuhause das Sagen. Nun, ich war wieder schneller. Fraglich, ob das später hilft *grins*. Vermutlich werde ich dem Charme meiner schönen Frau verfallen……
Der Nachmittag ging langsam zu Ende und wir hatten ein wunderschönes Hochzeitsfest mit netten, herzlichen Leuten verbracht.
Den Abend verbrachten wir etwas bequemer gekleidet in demselben Restaurant, das wohl erst kürzlich eröffnet hatte, sehr modern war und in den Abendstunden eine hervorragende Show bot.
Auch wenn ich feine Anzüge und Bräuche nicht so ganz liebe (vorsichtig ausgedrückt), denke ich gerne an diesen schönen Tag zurück.
Nicht nur wegen der jungen hübschen Frau, die mir die Ehre gegeben hat meine Frau zu werden. Nein, auch mit großem Respekt davor, wie perfekt Olga das alles fast im Alleingang organisiert hat.
Wie sie das zwischen Uni gehen, Führerschein machen und Ihre Papiere besorgen, geschafft hat, bleibt mir ein Rätsel.
Wir mussten nach der Hochzeit dann noch nach Minsk um die Hochzeitsurkunde zu legalisieren. Nachdem die Formalitäten dort schneller erledigt waren als geplant, hatten wir noch ein paar Tage Zeit um unser junges Eheglück zu genießen und uns die Stadt Minsk anzusehen.
Olga war wieder einmal meine Dolmetscherin und Fremdenführerin und zeigte mir alles.
Als dann der Tag des Abschieds kam, war die Stimmung bei uns beiden natürlich etwas getrübt.
Auf der Fahrt zum Flughafen kämpfte ich mehrmals mit den Tränen, bei dem Gedanken mich in wenigen Minuten für längere Zeit von Olga trennen zu müssen.
Olga muss sich ja erst einen neuen Pass und ein neues Visum besorgen, bevor sie mir folgen kann nach Deutschland.
Und sie hatte während dieser Fahrt sogar noch die Kraft mich zu trösten, obwohl sie sicher wusste, wie schwer die nächsten Wochen getrennt voneinander für uns sein würden.
Tja und jetzt warten wir darauf, dass die Behörden die Papiere schnellstmöglich fertig machen, damit ich meine junge hübsche Frau bald hier in Ihrem neuen Zuhause in die Arme schließen kann. Und ich warte nicht alleine – Olga hat in der Zeit in der sie hier war, mit ihrer netten freundlichen Art viele Freunde gefunden. Und auch die warten schon sehnsüchtig darauf, dass sie bald zurückkommt.
Wenn ich sie dann hier bei mir wieder in meine Arme nehmen kann, geht ein Traum mit Happyend für uns endlich in Erfüllung.
Wir sind ein glückliches Paar und möchten zusammen unser Leben verbringen.